Die Leiterin der Regionalgruppe Darmstadt/Südhessen, Brigitte P., hatte zu diesem Termin 4 Bundestagsabgeordnete aus dem Umfeld unserer Regionalgruppe eingeladen, um über die 2004 durch die Regierung Schröder eingeführte "Doppelverbeitragung von
Betriebsrenten", insbesondere der auch unter diesem Begriff eingeordneten "Direktversicherungen", zu sprechen.
Die Podiumsdiskussion startete pünktlich um 19:oo Uhr mit einem vollen Saal mit ca. 60 Personen.
Zunächst begrüsste Brigitte die MdB's und stellte diese den Anwesenden vor. (5 Min.) Anschließend brachte Brigitte die "Doppelverbeitragung" auf den Punkt (15Min) und zeigte an einigen Beispielen, die doch je nach Vertragsform unterschiedlichsten Verluste eines vorsorgenden Rentners auf. Da die Direktlebensversicherungen aus eigenen Einkünften bestückt werden, lediglich weitergeleitet über den Arbeitgeber, gibt es je nach Verdienst - unter- bzw. oberhalb der BMG - auch eine unterschiedliche Art an Einbußen bei diesen Verträgen. So reduziert sich der Entgeltpunkt der Rentenberechnung unterhalb der BMG entsprechend, da in der Ansparphase keine RV-Beiträge für die Ansparsumme anfallen. Durch Zinseinbrüche am Kapitalmarkt ist die bei Vertragsabschluss angedachte Rendite stark eingebrochen. Durch die Entscheidung der Rot Grünen Regierung unter Gerhard Schröder, diese DV als Betriebsrenten und damit als Versorgungsleistung im Alter anzusehen, werden bei Auszahlung nun die gültigen Sozialabgaben für KV und PV fällig. Das bedeutet mit Stand 2019 den Abzug von ca. 1/5tel der eigenen Ansparleistung (KV 14,6 % Regelsatz plus
kassenabhängigen Zusatzbeitrag von 0,7 - 1,5 %, sowie den gültigen PV Beitrag in Höhe von 3,05 % mit und 3,3% ohne Kinderzuschlag). Brigitte schilderte an Beispielen die Verluste, die bei der Höhe der Lebensversicherung einige T€ ausmachen und begründete damit auch den eigenen Unmut über die handelnde Politik.
Als Grund hatte die Regierung Schröder für diese Maßnahme die hohe Arbeitslosigkeit und die klammen Sozialkassen um die Jahrtausendwende ins Feld geführt. Brigitte beklagte besonders, dass diese Entscheidungen in der Öffentlichkeit nicht offen kommuniziert wurden, sondern bis heute dem überwiegenden Teil der Betroffenen nicht bekannt ist. Das große Erwachen kommt also für die Mehrheit der Direktversicherten erst bei Renteneintritt. Da werden dann Ruhestandsplanungen ad ab surdum geführt. Viele der Betroffenen sind auf diese Zusatzrente angewiesen, denn bei Krankheiten im Alter werden zum Teil hohe Zuzahlungen (z. B. Zahnersatz, Hörgeräte etc.) erforderlich, für die das Geld dringend benötigt würde. Eine Direktversicherung von ca. € 30.000, umgerechnet auf 120 Monate, macht eine angenommene Monatsrente von € 250 aus, für die nun KV und PV in Höhe von fast ~ € 50 zu zahlen sind. Bei einer Werksrente ein Leben lang und bei Direktversicherungen über einen Zeitraum von 10 Jahren, wie das angeführte Beispiel aufzeigte.
Danach erteilte Brigitte das Wort an die MdB's, in der Reihenfolge der Sitzposition auf dem Podium von links nach rechts.
Vorweg wäre für alle 4 Abgeordneten festzuhalten, dass das Thema Rente / Altersvorsorge nicht ihre Kernkompetenz darstellt.
für den Wahlkreis 186: Darmstadt (15 Min.)
Frau Dr. Mannes erläuterte den Standpunkt Ihrer Partei, daß man beabsichtigt, diese Doppelverbeitragung zu beenden, zumal der Grund der Einführung heute in dieser Form nicht mehr gegeben ist. Leider enthält der Koalitionsvertrag dafür keine Regelung. Die Minister Spahn (Gesundheit) und Heil (Arbeit + Soziales) sind aber nach dem Parteitagsbeschluss vom 8. Dez. 18 dabei, an Lösungen zu arbeiten. Es sei jedoch schwierig bei Summen von ca. 40 Mrd. für eine Rückabwicklung die Finanzmittel bereit zu stellen. Fr. Dr. Mannes gab aber unumwunden zu, dass Sie diese Dimension der Verärgerung bei den Betroffenen nachvollziehen kann. Sie werde sich dafür einsetzen, dass es bald eine Entscheidung in dieser Sache gibt. Zu Zeit wäre ein Freibetrag von € 155,75 und eine Halbierung der Beitragslast im Gespräch. Eine Rückabwicklung der Beitragslast sähe Sie so allerdings aufgrund des Finanzierungsbedarfs nicht.
für den Wahlkreis 186: Darmstadt (15 Min.)
Frau Wagner zeigte sich auch überrascht aufgrund der Dimension der Belastungen einzelner Betroffener. Sie sei schon lange in der Politik und das erste Prinzip in diesem Beruf, so sei Sie geimpft worden war, dass politische Entscheidungen immer in die Zukunft gerichtet sein müssten und nun feststellt, dass bei der Einführung und Verabschiedung des Gesetzes auch rückwirkend auf bereits bestehende Verträge zugegriffen wurde. Das sei eine Verletzung eines in der Politik an und für sich ungeschriebenen Gesetzes, was sie so nicht nachvollziehen kann, zumal auch davon Altverträge betroffen sind, die noch vor der Zeit der Einführung einer Pflegeversicherung abgeschlossen wurden. Sie versicherte den Anwesenden ihre Unterstützung bei den weiteren Beratungen, soweit Sie heute aufgrund der Oppositionsrolle, dazu Gelegenheit habe. Auch für Frau Wagner war die aufgezeigte Größenordnung der Betroffenheit in dieser Konsequenz neu. Eine Rückabwicklung sieht auch Sie eher als nicht möglich an.
für den Wahlkreis 184: Groß-Gerau (12 Min.)
Herr Cezanne machte sofort eindeutig klar, daß seine Partei und er diese Doppelverbeitragung keinesfalls für gerechtfertigt hält. Schließlich ist diese von der Politik angeregte eigene Initiative der Altersvorsorge vom Staat gewollt. Die Linke sehe den Finanzbedarf einer Rückabwicklung nicht wie die GroKo bei ca. 40 Mrd., sondern eher bei 8 - 11 Mrd., schließlich müsse man bei der gesamten Diskussion Werksrenten und Direktversicherungen streng getrennt betrachten. Die Werksrente eines Arbeitgebers wird ohne finanzielles Zutun des AN vom AG bezahlt, eine Direktversicherung schließt zwar der Arbeitgeber auf den Namen des Mitarbeiters ab, allerdings leistet der Mitarbeiter die Einzahlung aus eigenem versteuertem und sozialversicherungspflichtigem Einkommen. Die Linke hätte schon einige Eingaben im Bundestag dazu getätigt, hätte sich aber bisher nicht damit durchsetzen können.
für den Wahlkreis 187: Odenwald (15 Min.)
Herr Dr. Zimmermann war über die Auswirkungen der Entscheidungen aus den Jahren 2003/2004 ebenso überrascht wie seine Podiumskollegen/innen. Er verwies ähnlich wie Frau Dr. Mannes auf die Gespräche der GroKo zu diesem Themenbereich. Man wolle eine Änderung kurzfristig anstreben, um fürs Alter vorsorgende Rentner zu entlasten, zumal die private Altersvorsorge einen besonderen Stellenwert zur Vermeidung von Altersarmut geniesst. Auch Herr Dr. Zimmermann zeigte sich überrascht, über die doch gewaltigen Einbussen in diesem Segment der Altersabsicherung. Er gab weiter an, dass die Gespräche zurzeit zum Thema Rente laufen, aber die Finanzierungsfrage eine hohe Hürde für eine Entscheidung darstellt. Er hoffe jedoch, dass das Thema in Kürze zu einem positiven Abschluss kommt. Auch die SPD sei davon überzeugt, dass die Doppelverbeitragung abgeschafft gehört.
Danach hatten die Betroffenen im Plenum das Wort. Es kam zu vielen Wortmeldungen, die hier In Kurzform ohne Anspruch auf Vollständigkeit aus dem Gedächtnis aufgeschrieben sind und zwar:
Trotz großer Enttäuschungen, die im Ton und in der Wortwahl deutlich wurden, fanden die Wortmeldungen im zivilisierten Rahmen statt. Somit konnten Ordnungsaufrufe unterbleiben. Die Diskussionsteilnehmer stellten sich mit Namen und Stand vor. Den größten Anteil bildeten Rentner, angehende Rentner und Mitglieder der Babyboomergeneration. Einige hatten die Zahlphase von 120 Monaten bereits hinter sich, andere sind mitten drin und wieder anderen stehen kurz davor, diese Zahlungen leisten zu müssen.
Nach diesen Aussagen erhielten die Politiker noch Gelegenheit, sich zu dem Gehörten zu äußern. Für alle 4 MdB's war das Gehörte und die geschilderten Konsequenzen unangenehm. Das konnte man deutlich spüren. Man kennt zwar das Wort "Doppelverbeitragung", aber was sich dahinter verbirgt, war in dieser Form so bisher noch nicht bekannt. Die Politiker versprachen, dass Thema "Doppelverbeitragung" in ihren jeweiligen Fraktionen anzusprechen und werden sich dort dafür einsetzen und empfehlen, dass das Prinzip, politische Entscheidungen nur in die Zukunft auszurichten, wieder Stand der politischen Arbeit wird.
Brigitte bedankte sich für die Bereitschaft, sich dieser Diskussion zu stellen und schloß die Podiumsdiskussion wie geplant gegen 21:oo Uhr.
für die Regionalgruppe Darmstadt / Südhessen
Protokollnotiz Norbert Böttcher
Riedstadt, den 31. Oktober 2019
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